[OSM in MV] Rostocker Treffen Oktober

Tom Hummel tom at bluespice.org
Sa Okt 18 15:37:19 CEST 2014


Oh, schön.

> Der Hubert war fleißig und hat das Treffen hier nochmal
> zusammengefasst

Ich wollte nochmal zu einer Sache etwas genauer werden: „Erfassung und
Darstellung von Kreuzungen“ – entweder mit turn:lanes oder jeden
Fahrstreifen als eigenen Weg. Aus meiner Sicht gibt es eine gute
Lösung dafür.

Ich meinte, dass nahezu jedes Gebiet diese Diskussion als
Unterscheidung von Normativität und Faktizität geführt hatte. Ich
glaub, Matthias hat's so verstanden, dass die Diskussion endlos und
ergebnislos bleiben würde. Eigentlich wollte ich es anders verstanden
wissen. Es wurden viele gute Lösungen gefunden, andere stehen noch aus.
Ich neige zu der Einschätzung, dass neuzeitliche Wissenschaft
erkenntnistheoretisch noch verhältnismäßig jung ist, deshalb sind die
Bekenntnisse in die Richtung oft nicht sehr deutlich.

Die Unterscheidung zwischen Zurechnung (Schuld) und Kausalität
(Ursache) wurde spätestens erst 1738 vom Schotten David Hume
ausformuliert. In der Biologie – /die/ Leitwissenschaft dieser
Zeit – hat man das anschließend vollzogen. In den Schriften des
französischen Biologen Lamarck – der aus der Schule ;) – findet man
erste konsequente Züge dieses Denkens – historisch gesehen war das nur
in Frankreich möglich. Er behauptete, die Arten würden sich in der
Gegenwart durch ihre eigenen Gewohnheiten verändern und wären eben
nicht seit ihrer Schöpfung durch ein anthropomorphes Wesen in ihren
Eigenschaften konstant. Der wesentliche Punkt ist die Behauptung von
Veränderung durch /unpersönliche/ Vorgänge und eben nicht durch
Handlungen von Subjekten – das kennzeichnet Faktizität. Der
darauffolgende Streit in der Biologie dauerte lang und fand mit Darwin
sicher einen Höhepunkt. Wichtig ist jedoch, dass der Streit mit der
Emanzipation der Biologie von der Theologie im Prinzip erledigt war.
Was heute Kreationisten machen wird insofern klar: die theologische
Weltdeutung versucht ein Stück Deutungshoheit wieder zurückzuerlangen,
indem sie vom erfolgreichen Bruder einen Happen vom Kuchen abhaben
möchte – mal normativ gesprochen. In der Physik ist ein derartiges
Vorgehen im Moment (noch) undenkbar: ein Wechsel von anonymen Kräften
hin zu einer „Wer hat das gemacht?“– Physik würde unglaublich
lächerlich wirken, aber man kann ja nie wissen… Soviel jedenfalls zu
einem Beispiel.

Für das mapping könnte das folgendes Bedeuten: es würde sich anbieten
normative und faktische Inhalte in getrennten Strukturen zu mappen, um
Verwirrungen zu vermeiden. Der Weg der Straße als befahr- und
begehbarer Untergrund wäre eine schöne faktische Größe. Die
Fahrtrichtung jedoch ist durch einen, von uns erdachten Willen (ein
Sollen) gesetzt, ebenso wie einzelne Fahrstreifen. Kurz: eine Straße
führt irgendwohin, unabhängig davon, was irgendeiner will; einen
bestimmten Teil dieser Straße zu befahren, ist hingegen eine Pflicht.
Wenn man von baulicher Trennung spricht, darf man nicht vergessen, dass
es sich der Herkunft nach um einen juristischen, also rein normativen,
Begriff handelt. Faktizität kann man damit nicht gut erfassen. Der
Begriff ist so geprägt, dass er alles erfasst, was Richtern im Zuge
eine Pflichtentscheidung sinnvoll erscheint – die Prämissen sind sehr
verschieden. Von einer unmodifizierten Übernahme des Begriffs rate ich
ab. Gegenvorschlag: innerhalb der Grenzen in der ein Weg für eine
bestimmte Form von Transport geeignet ist, sei er eine
Straße/Trampelpfad/etc.

Ich halte es für praktisch Pflichten und Materialien zu mappen. Da wir
alles mappen wollen, was wir mappen können, spricht auch nichts dagegen
– wir können es sogar systematisch tun. Die Unterscheidung ist auch hier
sinnvoll, wie in vielen anderen Wissensgebieten auch.

Kritik, Fragen, Anmerkungen?

Tom