[Bremen] Open Data für Bremen - Bericht von der Veranstaltung
Martin Feuersänger
m at feuersaenger.de
Mon Nov 14 01:34:59 CET 2011
Hallo Bremer OSMler,
Jetzt komme ich endlich mal dazu, meine Eindrücke von der "Open Data in
Bremen" Veranstaltung vom Freitag zusammenzufassen. Der Fokus des Berichts
liegt auf OSM, daher gebe ich nicht unbedingt alles wieder, was auf der
Veranstaltung gelaufen ist.
Als erstes sprach Karoline Linnert, Senatorin für Finanzen. Sie zeigte den
Weg, der zu dieser Veranstaltung führte, auf, also vom Bremer
Informatinsfreiheitsgesetzt [1] über die Bremer Erklärung [2] und die
Festlegung auf Open Data im Koalitionsvertrag.
Sie sprach auch aus ihrer Erfahrung als ehemalige Oppositionspolitikerin,
wie schwierig es sei, an Daten zu kommen und sieht Open Data als ein Weg
zu mehr Demokratie.
Anke Domscheit-Berg sprach danach über Open Data, darin auch Beispiele aus
anderen Städten (Vancouver, Wien, Berlin). Abschließend erwähnte sie, dass
die Verwaltung meist das größte Problem bei der Freigabe der Daten sei.
Danach wurde der Familienstadtplan Bremen als Beispiel-App vorgestellt.
Erwähnenswert war hier lediglich, das sich der Vortragende Dr. Walter
Marahrens über die veralteten Google-Karten beklagte. Ich hatte später in
der Kaffeepause mit ihm über OpenStreetMap gesprochen und ihm meine
Email-Adresse als Kontakt gegeben. Ich hatte den Eindruck, das er nicht
wirklich an der technischen Entwicklung des Familien-Stadtplans beteiligt
ist. Er stellte sich während des Vortrags als Sozialwissenschaftler vor,
und wirkte etwas überfordert bei meinen Erklärungen, was dann OSM für
Vorteile für ihr Projekt hätte.
Der folgende Vortrag über App-Entwicklung konzentriere sich vornehmlich
auf mobile Apps. Hier erfuhr man nicht wirklich viel neues, ein paar
App-Development-Plattforment wurden kurz erwähnt, ein Überblick über den
Smartphonemarkt und die Appstoreumsätze gegeben sowie ein Zahlen zu den
Kosten einer Appentwicklung im kommerziellen Bereich gegeben.
Der anschließende Vortrag von Dr. Helene Groß vom Innenministerium war
wenig interessant. Darauf folgten noch Details zum Bremer Apps-Wettbewerb,
wo dann darauf hingewiesen wurde, dass man sowohl bei Apps4Deutschland als
auch bei Apps4Bremen nicht nur mobile Apps sondern jegliche
Webanwendungen, die Open Data benutzen, einreichen kann.
Interessanter und leider auch skurriler wurde es dann beim nächsten
Beitrag, der Vorstellung der geöffneten Daten. Prof. Kubicek erzählte
einführend, dass er einige Wochen in der Verwaltung "hausieren" ging, um
eine Freigabe von Daten zu erreichen. Dabei sei der Wettbewerb mit seinen
Deadlines hilfreich gewesen um eine feste Terminzusage für die
Bereitstellung der Daten zu erreichen. Fast alle angesprochenen Ämter
hätten schließlich zugestimmt, Daten zu veröffentlichen. Einzige Ausnahme
war das Gesundheitsamt, das nicht bereit war, Daten zu veröffentlichen.
Folgend wurde die Lizenz erwähnt, unter der die Daten veröffentlicht
werden. Mein Eindruck war, das hier keine große Kenntnis beim Vortragenden
herrschte, was diese Lizenz (CC-BY 3.0) denn bedeutet. Er erwähnte die
Lizenz und sagte in einem Atemzug das ein Verändern der Daten
selbstverständlich verboten sei. Nach einem Hinweis aus dem Publikum, dass
das dann ja nicht mehr CC-BY sei, kam ein flapsiges "Bei uns schon."
Danach stellte die Verwaltung in jeweils ca. 2-3 Minuten ihre Daten vor.
Aus OSM-Sicht am interessantesten waren
- Umweltbetriebe Bremen
- Sie haben 150.000 Punkte, 95.000 Linien und 85.000 Flächen in ihrem
GIS. Daraus veröffentliche sie Bänke, Hundekotbehälter und Polygone von
Friedhöfen und Grünanlagen
- Senator für Umwelt, Bau und Verkehr
- gibt u.a. Daten über das Projekt "Nette Toilette" heraus, bei dem
Gastwirte ihre Toiletten der Öffentlichkeit zu Verfügung stellen
- GeoInformation Bremen
- Herr Dautert, stellvertretender Leiter von GeoInformation Bremen,
stellte kurz die freigegebenen Daten vor. Dabei erzählte er nichts, was
nicht schon auf den Webseiten stand. Mehr Details z. B. zu den Orthofotos
gab es nicht. Auf einen weiteren Punkt auf seiner Folie namens
"Hauspunkte" ging er nicht ein. Ich habe bisher keine Daten dazu
entdeckt, mir ist auch nicht klar was das genau sein soll. Hausumrisse?
Hauskoordinaten? Hausnummern?
- Herr Dauter war leider einer von denen, die dann vor Ende der
Veranstaltung verschwunden waren, ich hätte ihm gerne noch Fragen
gestellt.
- Interessant war, was Prof. Kubicek noch anmerkte. Er dankte
GeoInformation Bremen ausdrücklich, dass sie sich an diesem Wettbewerb
mit beteiligen und wies darauf hin, dass dafür extra eine
Ausnahmegenehmigung vom zuständingen Senator eingeholt wurde, damit die
Geodaten ohne Gebühren veröffentlicht werden können. Zur Gebührenerhebung
sei GeoInformation ja eigentlich durch ein europäisches Gesetzt
verpflichtet.
- Abschließend gab es eine Politikerrunde, an der die netzpolitischen
Sprecher von SPD, Grüne und Linke teilnahmen. Die Sprecherin der CDU war
erkrankt. In der Runde gab es dann folgede Statements
- Bremen ist in einer Haushaltsnotlage. Da sollte man schon darüber
nachdenken, wie viel Daten von Behörden wert sind und welchen Preis man
dafür verlangt. (Grüne)
- Wenn Unternehmen jetzt hingegen und mit den Daten, die die Behörden
jetzt herausgeben, Millionen verdienen, dann kann es nicht sein, das der
Staat daran nicht mitverdient. Ergo, Gelegenheitsnutzer sollen nicht
zahlen, die, die Gewinne mit den Daten erzielen, sehr wohl. (Grüne) Auf
Nachfrage aus dem Publikum, wo denn da die Grenze zu ziehen sei, gab es
keine konkrete Idee mehr.
- Die Daten schauen sich ja sowieso nur Leute an, die dazu in der Lage
sind, d.h. technisches Backgroundwissen haben, etc. Es ist also kein
großer Demokratiegewinn, solche Daten offenzustellen. (Linke)
Mein Fazit:
Alles in allem war ich nach der Veranstaltung doch recht desillusioniert
und erschreckt. Besonders enttäuscht war ich, dass die Initiatoren den
Eindruck erweckten, sich wohl weniger mit der Definition und Bedeutung von
Open Data und der Lizenz, unter der sie die Daten gestellt haben,
auseinandergesetzt zu haben, als ich das zur Vorbereitung auf die
Veranstaltung gemacht habe.
Bei der Verwaltung spürte man wenig Begeisterung dafür, ihre Daten
herauszugeben. Wie scheue Rehe kamen die Vortragenden ans Mikrofon,
stellten vor, und waren dann oft gleich wieder nach hinten verschwunden,
einige hatten wohl sogar die Veranstaltung sofort wieder verlassen.
Der digitale Stadtplan Bremens wurde aus dem Publikum als schlechtes
Beispiel für eine Webapp genannt, die erst kostenlos in eigene Webseiten
eingebunden werden konnte, dann wurden dafür aber später recht erhebliche
Lizenzgebühren verlangt. Danach versank der Stadtplan in der
Bedeutungslosigkeit, Google Maps wurde verwendet. Eine weitere Anmerkung
aus dem Publikum merkte an, dass früher oder später sowieso alle zu
OpenStreetMap gehen werden.
Die Politikerrunde war dann noch die Krönung auf die ohnehin schon
verhaltene Stimmung. Viele Leute waren auch schon gegangen.
Mein Eindruck ist das die Bremer Verwaltung nicht gerade begeistert
mitarbeitet was die Herausgabe von Daten im Zuge von Open Data betrifft.
Politik und Verwaltung sehen wohl, das Daten Wert haben. Dabei ist bei der
Politik wohl die vorherrschende Idee, für diesen Wert unmittelbar einen
Geldgegenwert sehen zu wollen. Ich glaube die Open Data Bewegung muss in
Bremen noch viel Lobbyarbeit leisten.
[1] http://bremen.beck.de/default.aspx?bcid=Y-100-G-brifg-name-inh
[2]
http://www.finanzen.bremen.de/sixcms/media.php/13/2011-01-17_BremerErklaerung.pdf
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